Am 20.03.1999 wurde in Eggersdorf der Verein "Bauernvolk Eggersdorf e.V." gegründet. In der Satzung heißt es zum Zweck des Vereins an erster Stelle: "Zweck des Vereins ist die Förderung und kulturhistorische Pflege des bäuerlichen Brauchtums, insbesondere deshalb, um in Eggersdorf ein jährlich wiederkehrendes Marktfest ins Leben zu rufen."
Die Aktivitäten dieses Vereins gehören seit vielen Jahren zum Ortsbild. Da fragt sich so manch einer, was eigentlich die Vereinsmitglieder dazu bewegt, mit viel Aufwand derartige Beiträge zur Geschichtsvermittlung zu leisten. Es hat etwas mit Brauchtumspflege und regionaler Identität zu tun: Infolge der historischen Entwicklungen fehlen gerade in Brandenburg regional verbindende Traditionen, wie es sie z.B. in Bayern oder Baden-Württemberg gibt. Durch die Vermittlung von landesspezifischen kulturellen und historischen Themen soll ein humanistisches Heimatgefühl entwickelt werden, welches zur regionalen Verwurzelung auch zukünftiger Generationen beitragen kann. Aber warum gerade das Mittelalter? Wurde es uns nicht als "graues" Mittelalter, brutal und lebensfeindlich vermittelt? Der moderne, durch Renaissance und Humanismus beeinflusste Blick kann am Mittelalter zwar zunächst einmal nur Defizite erkennen, aber dieser Blick ist voreingenommen. Nahezu alle Errungenschaften der Moderne sind ihm stets und rundweg abgesprochen worden. Aber bei aller Abgrenzung stellt das Mittelalter, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, die Vorstufe unserer modernen Lebenswelt und damit eine "Referenzgeschichte der Moderne" dar.
Das Mittelalter bietet in vieler Hinsicht einen radikalen Gegenentwurf zu unserer heutigen modernen Lebenswelt. Das gilt für seine Welt-, Lebens-, Zeit-, Geschichts- und Gesellschaftsauffassung ebenso wie für seine Herrschaftsauffassung. Das Mittelalter war nicht nur "dunkel" und "finster": es war in einem grundlegenden Sinne "anders". Wir versuchen das Mittelalter, wenn möglich, zu bewahren, weil es etwas über unsere eigenen Ursprünge preisgibt. Das zeigt sich an mittelalterlichen Kathedralen, Bauten, Festen, Traditionen, Namen, Jahrestagen usw. Dieses "neue Mittelalterbild" kann aus dem Mittelalter zwar keine Moderne machen. Es gab nun mal keine Elektrizität, kein Auto, kein Flugzeug, keine Eisenbahn, keine Zentralheizung. Aber es kann die Nicht-Moderne als Denk- und Lebensalternative zu unserer eigenen elektrifizierten und globalisierten Gegenwart anbieten, nicht weil wir uns ins Mittelalter zurücksehnen - das wäre unhistorisch -, sondern weil wir wissen und verstehen wollen, wie Menschen früher unter völlig anderen Umständen gelebt, geliebt und gelitten haben.