Der Liutizenaufstand 983

Nach Karls Tod und der Reichsspaltung brachen zunächst wieder zunächst wieder wüste Zeiten an, niemand interessierte sich für die in ihren Wäldern und Sümpfen lebenden Wenden. Bis es schließlich die ehemals besiegten und nun christianisierten Sachsen waren, die die europäische Geschichte fortschrieben. Nachdem der Druck der einfallenden Ungarn die deutschen Fürsten zu gemeinsamen Handeln gezwungen und die Feinde auf dem Lechfeld bei Augsburg bezwungen werden konnten, war es der erste Sachsenkaiser, Heinrich der Finkler, der mit seinem Überfall im Jahre 924 erneut eine Unterwerfung der Wenden versuchte und die Brandenburg eroberte. Die Deutschen Könige Heinrich I und sein Sohn Otto I unterwarfen die Slawen und setzen im Jahre 937 den Markgrafen Gero ein. Dieser brutale Markgraf hatte 30 slawischer Fürsten zu einem Bankett nach Gernrode eingeladen, um sie dort zu erschlagen! Es folgten Aufstände der Redarier, Stodoraner und Ukraner - eine wechselvolle Geschichte von gegenseitigen Grausamkeiten begann. Schlachten wurden gewonnen und verloren. Nach verschiedenen Kriegszügen, in denen sich die Wenden in ihrem Territorium partisanenhaft bewegten, war eine Entscheidungsschlacht unausweichlich. Es fehlte wieder einmal nur der berühmte Funke. Der Umsturz begann durch verletztes Ehrgefühl.

Der Obodritenfürst Mistewoi war zum Christentum übergetreten und hatte mit seinen Kriegern bereits an der Seite des Kaisers Ottos in der großen Schlacht bei Basantello in Italien gekämpft. Zu seiner vollständigen Anerkennung ersuchte er um die Hand der Tochter des Markgrafen Herzog Bernhard von der Nordmark an.

Schroff wurde er abgewiesen, "eines deutschen Herzogs Blutsverwandte gehört nicht an die Seite eines wendischen Hundes" Der tödlich beleidigte Mistewoi ließ durch einen Boten mitteilen: "Der Tag kommt, wo die Hunde beißen."

Fontane erzählt: Er ging nun nach Rethra, wo der Haupttempel aller wendischen Stämme stand, und rief - die Obotriten standen selbstverständlich zu ihm - auch alle liutizischen Fürsten zusammen und erzählte ihnen die erlittene Schmach. Dann tat er sein Christentum von sich und bekannte sich vor dem Bilde Radegasts aufs neue zu den alten Göttern. Gleich darauf ließ er dem Sachsengrafen sagen: "Nun hab acht, Mistewoi der Hund kommt, um zu bellen, und wird bellen, dass ganz Sachsenland erschrecken soll." Der Markgraf aber antwortete: "Ich fürchte nicht das Brummen eines Bären, geschweige das Bellen eines Hundes." Am Tanger-Fluss kam es zur Schlacht, und die Sachsen wurden geschlagen. Das hatte Mistewoi der Hund getan. Die Unterwerfung, die 924 begonnen hatte, hatte 983 wieder ein Ende. Der Dom zu Brandenburg wurde zerstört, und auf dem Harlunger Berge erhob sich das Bild des Triglaw. Von dort aus sah es noch wieder 150 Jahre lang in wendische Lande hinein. Die Liutizen waren frei.

Thietmar von Merseburg, ein Chronist dieser Zeit, schreibt dazu in der Sprache der Verlierer: "Die Schandtaten begannen am 29. Juni mit der Ermordung der Besatzung von Havelberg und der Zerstörung des dortigen Bischofsitzes. Völker, die nach Annahme des Christentums unseren Königen und Kaisern zu Tribut und Diensten verpflichtet waren, griffen in einmütigem Entschluss zu den Waffen."

Der Liutizenaufstand von 983 bedeutete das vorläufige Ende des Christentums im märkischen Gebiet. Es wurde immer wieder die Frage gestellt, wie es die ostgermanischen Wenden geschafft haben, sich der Christianisierung weitere 150 Jahre erfolgreich zu widersetzen. Immerhin hatte Karl der Große die westgermanischen Sachsen in nicht einmal 30 Jahren unterworfen.

Vielleicht hatten die Wenden nur das Glück, das die neuen christlichen Reiche zu sehr mit sich selbst beschäftigt waren. Es war Zeit der Festigung christlicher Großreiche: Russland wurde unter Wladimir (Waräger/ Wikinger) christlich, Böhmen unter Wenzel (Premysliden), Polen unter Mietzkow und Boleslaw (Piasten) und Deutschland unter den sächsischen Kaisern. Schnell taten sich aber auch Gegensätze auf. Insbesondere begann ein Streit über die Führungsrolle innerhalb der europäischen christlichen Reiche. Wer sollte das Kaisertum des heiligen römischen Reiches fortführen?

Das Gebiet der Wenden wurde von allen Seiten als Pufferzone genutzt. Es gab sogar mit Verträgen mit den "Heiden", im Jahre 1003 wurden die "Reichsfeinde" zu Verbündeten Kaiser Heinrichs II im Konflikt mit dem polnischen Fürsten Boleslaw Chobry. Erst der Wendenkreuzzug des Jahres 1147, an dem Bischof Anselm von Havelberg als päpstlicher Legat teilnahm, brach den Widerstand der wendischen Bevölkerung. Die Deutschen konnten den Bischofssitz zurückerobern.