Bauernvolk
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Mitteleuropa vor 1000 Jahren

Bis in das 6. Jahrhundert hinein bewohnten Semnonen das unwirtliche Gebiet. Im Sog der durch die Hunnenstürme ausgelösten Völkerwanderung war das Gebiet zwischen Spree und Oder Jahrhunderte lang Durchzugsgebiet wandernder Germanenvölker: Goten, Burgunder und schließlich Wandalen hatten hier ihre Heimstatt.

Nach der seit etwa 300 Jahren bestehenden Geschichtsschreibung verließen alle diese Völker das Land wieder, und in die verlassenen Siedlungsgebiete dringen Slawen - von den Germanen "Wenden" genannt - aus dem südlichen und östlichen Europa ein. In der Chronik von Petershagen/ Eggersdorf wird durch Alexander Giertz wie bei allen Chronisten dieser Zeit folgender historischer Ablauf beschrieben: Die zwischen Spree und Oder ansässigen Semnonen sind mit der Völkerwanderung abgezogen. Die freigewordenen Siedlungsplätze wurden von einwandernden Slawen besetzt.

Nun wird - fast nebenbei - mitgeteilt, dass alte Orts- und Flurnahmen übernommen wurden. Es ist aber eher unwahrscheinlich, dass die abziehenden Semnonen Wegweiser, Orts- der Straßenschilder hinterlassen hätten, Schriftgut ist ebenso nicht bekannt. Aber woher kamen nun Namen wie Senze, Bötzow, Buckow, Hohenfinow, Ihlow, Gusow, Seelow, Wandlitz ?

Weder in den Beschreibungen Cäsars oder in Tacitus "Germania" noch in den Chroniken der Völkerwanderung werden "Slawen" erwähnt. So große Volksmassen bewegen sich nicht, ohne jede Spur in der Geschichte zu hinterlassen. Die Züge der Kimbern und Teutonen sind aus dem ersten Jahrhundert bekannt und beschrieben, Goten, Hunnen und Wandalen hinterließen ihre Zeugnisse - warum nicht die "Slawen"? Bei der entscheidenden Schlacht zwischen Hunnen und Römern auf den Katalaunischen Feldern waren nahezu alle bekannten Völker beteiligt, da schlugen sich Ostgoten mit Westgoten, Thüringer und Sachsen - aber keine "Slawen", keine Wenden.

Wann und woher kamen also diese "Slawen"? Man könnte folgende verwirrende Antwort geben: Es gab sie nie, aber sie waren immer schon da!

Die namhaften Chronisten wie Adam von Bremen, Heimholt von Bosau, Widukind von Corvey oder Thietmar von Merseburg schrieben ihre Werke in der von den Christen übernommenen Schrift der alten Römer, in Latein. Zu dieser Zeit gab es weder eine deutsche Sprache noch eine deutsche Schrift. In diesen Chroniken bezeichnet man die Stämme, welche die Germanen später "Wenden" nennen, als Sklavoni, Sklabeni, Sklavi ... als Sclaven.

In der korrekten Übersetzung sind die Sclaven sture Heiden, ihrer Scholle und ihren Naturgötzen verhaftet, nicht christianisierbare Ketzer, wie sie der missionierende Mönch Bonifatius beschreibt. Das waren Menschen, die gefangen und verkauft werden durften, Ware also! Karl der Große hatte die "Versklavung" von Christen verboten. Aber diese Sclaven waren keine separate, irgendwoher eingewanderte Volksgruppe. Diese nichtchristianisierbaren Heiden waren immer schon da! Im Wanderungsprozess blieben immer "Reste" der Stammbevölkerung: Goten, Burgunder und Wandalen. Und das waren nicht etwa nur die Schwachen, Alten oder Kranken, sondern wohl eher die Erstgeborenen, die am meisten Bodenständigen. Der Bauer verlässt seine Scholle nicht. Noch heute wird den Märkern neben Sturheit auch Bodenständigkeit nachgesagt.

Und so schreiben die Chronisten: Sclavi sunt wandali! Die Sclaven sind Wandalen. Die Wenden sind somit Germanen, nicht christianisiert, ausgestoßen und bekämpft - aber eben keine Verwandten einer "slawischen" Volksgruppe.

Nun drängt sich die Frage auf, wer da die Geschichte verfälscht hat. Immerhin geben auch unsere Chronisten wie Giertz oder Fontane die Geschichte von der Einwanderung der "Slawen" brav wieder. Wer hat das "c" eliminiert? Manche behaupten, Johann Gottfried Herder hätte dies bei seiner Beschreibung der Völker und Ethnien erstmals getan.

Andere postulieren einen jahrhundertelangen gezielten Prozess der Manifestierung einer slawischen Volksgruppe, verbreitet durch glagolithische Mönche und ausgehend vom ewigen Kampf der orthodoxen griechischen und russischen Kirche gegen die römisch-katholische Kirche um die Vorherrschaft des "wahren" Glaubens. In dieser Diskussion steckt aber zuviel völkisches Geschnarre, hier werden alte Fronten neu aufgebaut, Schuldfragen zu den großen Kriegen neu gestellt und nicht zuletzt die heutigen Grenzen in Frage gestellt. Dieser Missbrauch birgt genug Zündstoff für neuen Hass - das ist der neuen europäischen Identität absolut nicht förderlich.

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